Andreas Brüning wurde 1962 in Hamburg geboren. Von Kindheit an ist er sehbehindert durch eine degenerative Erkrankung des Sehnervs, die laut Prognose bis zur Erblindung fortschreiten kann. Er besuchte eine inklusive Gesamtschule in Hamburg und absolvierte eine kaufmännische Ausbildung. Parallel zu seiner kaufmännischen Tätigkeit nahm er Schauspielunterricht und stand als Rezitator auf kleineren Bühnen.
Schließlich holte er das Fachabitur nach und begann 1988 ein Studium der Kultursozialarbeit an der Alice Salomon Hochschule in Berlin, mit dem Schwerpunkt kreatives und autobiografisches Schreiben. Nach seinem Abschluss gab er Schreibkurse für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen, bevor er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und als Pressereferent an die Alice Salomon Hochschule zurückkehrte. Sein besonderes Interesse gilt der philosophischen Selbsterkenntnis, der Verbindung von Gesundheit und Schreiben und dem Diversity-Konzept. Seit 2007 ist er wieder freiberuflicher Coach, Lehrbeauftragter und Projektleiter. Als letzterer befasst er sich in verschiedenen Projekten mit den Lebensgeschichten behinderter Menschen, deren literarischem Potenzial und deren Zeitzeugenfunktion für die Behindertenbewegung. Er lebt mit seinen beiden Kindern in Berlin.
Bewusst wahrgenommen habe ich das eigentlich erst in der Schule, als ich feststellte, dass ich in der ersten Reihe sitzen musste, um erkennen zu können, was vorn auf der Tafel oder später auf dem Overhead-Projektor geschrieben stand. Das war meine erste Wahrnehmung meiner eigenen Sehbeeinträchtigung.
Und gleichzeitig habe ich es immer vermieden, mich mit meiner Sehbehinderung zu konfrontieren. In Südamerika auf einer späteren Weltreise habe ich total vergessen, dass ich sehbehindert bin. Natürlich war das eine Illusion, aber es hat Begegnungen ermöglicht, die sonst aus Angst und Vorsicht nicht zustande gekommen wären.
Ich würde gerne den inklusivem Gedanken verfolgen und die Biografien von nicht-behinderten und behinderten Menschen miteinander vergleichen: Wo gibt es Parallelen und wo nicht? Was ist das wirklich Besondere? Und dann hatte ich ja erzählt, dass ich während meiner Schauspiel-Zeit auf der Bühne das Gefühl hatte, hinter meinen eigenen Vorhang sehen zu können. Und dass ich dabei feststellte, dass wir Menschen im Wesentlichen und im Sein vollkommen (identisch) sind, dass es – aus philosophischer Sicht – gar keinen Unterschied gibt zwischen einem behinderten und einem nichtbehinderten Menschen. Diese Erkenntnis fördern zu können, das würde mich sehr freuen. Ich denke, in der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung haben schon viele hinter diesen Vorhang geschaut und agieren aus eigener Kraft.
Das ganze Interview finden Sie hier als PDF