Ability Watch e.V., Internet-Plattform der Behindertenbewegung zur gemeinsamen Selbstvertretung von Menschen mit Behinderung, kritische Begleitung der Politik, soziales Modell von Behinderung (Menschen sind nicht nur, sondern werden auch von der Gesellschaft behindert, keine Trennschärfe zwischen Behinderung und Nicht-Behinderung, Barrierefreiheit für alle Menschen), betreibt Öffentlichkeitsarbeit (Kampagnen, Demonstrationen, provokante Aktionen), verweist auf die fehlende Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung, vor allem auf die mangelhafte Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Ableismus, aus dem Englischen ablism von able = fähig im Gegensatz zu disable = unfähig machen / disabled = behindert, Etikettierung und Auf- oder Abwertung von Menschen nur anhand des Merkmals Leistungsfähigkeit, beurteilt Menschen mit Behinderung entweder als leistungsschwach oder erhöht bzw. überhöht sie als Menschen, die ihrer Schwäche eine andersgeartete ungewöhnliche Stärke entgegensetzen, eine Form der indirekten Diskriminierung von Menschen mit Behinderung aufgrund der Fixierung auf deren Fähigkeiten bzw. Reduzierung auf ihre Beeinträchtigung, die dabei herablassende oder gönnerhafte Haltung führt zu Vorurteilen und sozialer Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung.
(engl.) s. dt. Ableismus
ADA s. Americans with Disabilities Act
AKTIF - Akademiker*innen mit Behinderung in die Teilhabe- und Inklusionsforschung, 2015 eingerichtetes (Laufzeit: drei Jahre) interdisziplinäres inklusives (50% der Mitarbeiter*innen sind schwerbehindert) Forschungsprojekt an der Universität Dortmund (Fakultät Rehabilitationswissenschaften/Frauenforschung in Rehabilitation und Pädagogik), bundesweites Netzwerk aus Wissenschaftler*innen mit und ohne Behinderung, identifiziert Themenschwerpunkte und Forschungslücken in der Inklusions- und Teilhabeforschung, Ziel ist die Öffnung der akademischen Arbeitsmärkte für Menschen mit Behinderung durch Förderung der Teilhabeforschung und Nachwuchsqualifikation.
Aktion Grundgesetz, Sozialkampagne eines Bündnisses von über hundert Organisationen der Behindertenhilfe und –selbsthilfe, 1997 initiiert von der damaligen Aktion Sorgenkind (Umbenennung in Aktion Mensch e.V. im März 2000), aus Anlass des dritten Jahrestages des Inkrafttretens der Verfassungsergänzung „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ (GG Art. 3 Abs. 3 Satz 2) am 15. November 1994, breite Aufklärung für die Umsetzung des Grundgesetzgebots bzw. die rechtliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderung auch im Alltag, 1998 erstes Landesgleichstellungsgesetz, SGB IX und das Behindertengleichstellungsgesetz auf Bundesebene.
Aktionsgruppe Behinderter in Kassel (AKB), Selbsthilfeinitiative innerhalb der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung, gegründet 1986 aufgrund eines Treffens von Mitarbeiter*innen des Gesundheitsamtes Kassel und Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen der Universität sowie der Region Kassel, zunächst zum Erfahrungsaustausch, wendete sich gegen Bevormundung, Aussonderung und Mitleidsdenken gegenüber Menschen mit Behinderung, mündete 1987 in den Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab e.V.) in Kassel, um die Bedingungen von Menschen mit Behinderungen dort auch praktisch-politisch umzusetzen.
Aktion Sorgenkind, ursprünglich TV-Quiz-Show (ZDF) mit Soziallotterie zum Spendenerwerb für die Behindertenhilfe, Erstausstrahlung 09. Oktober 1964, Aufklärung über Menschen mit angeborener oder erworbener Behinderung im Sinne eines Einstellungswandels bei der Bevölkerung, Anlass war der sogenannte „Contergan-Skandal“ Anfang der 1960er Jahre(das als harmlos geltende Medikament für Schwangere hatte zu gehäuften Fehlbildungen bei den Neugeborenen geführt), seit 2000 umbenannt in Aktion Mensch e.V., Sozialorganisation, die sich aus Lotterieeinnahmen finanziert und inklusive Projekte fördert.
s.a. Umbenennung in Aktion Mensch e.V.
Aktionstag 5. Mai s. Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, 5. Mai
Allgemeiner Behindertenverband der DDR, gegründet noch im März 1990, da die Bürgerrechtsbewegung zum damaligen Zeitpunkt von einem Weiterbestand einer demokratisch-reformierten DDR mit engen Beziehungen zur BRD ausging („Dritter Weg“) und den Beitrittsbeschluss der Volkskammer vom 22. August 1990 nicht voraussehen konnte, Dachverband der neuen regionalen Behindertenorganisationen in Ostdeutschland, Umbenennung in „Allgemeiner Behindertenverband in Deutschland (ABiD) e.V. (agiert fast ausschließlich in Ostdeutschland).
Allgemeiner Behindertenverband in Deutschland (ABiD)e.V. („Für Selbstbestimmung und Würde“), ehemals Allgemeiner Behindertenverband der DDR (gegründet 1990), Bundesverband mit Sitz in Berlin, Förderung der Hilfe und Selbsthilfe für Menschen mit Behinderung, ihrer Angehörigen und Freunde, Förderung ihrer öffentlichen und politischen Vertretung, Mitgliedsvereine und Mitglieder überwiegend aus der ehemaligen DDR.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) oder Antidiskriminierungsgesetz (ugs.), am 18.08.2006 in Kraft getretenes Bundesgesetz, verbietet Benachteiligungen aufgrund personenbezogener Merkmale (u.a. einer Behinderung), ermöglicht Rechtsansprüche gegen Arbeitgeber und Privatpersonen, die gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen.
Amelotatismus (aus dem Griech. a – melo - tasis, ohne – Gliedmaße - Zuneigung), sexuelle Vorliebe für Menschen mit fehlenden Gliedmaßen, d.h. die Bevorzugung eines Menschen allein aufgrund seines speziellen Handicaps, überwiegend von Männern auf amputierte Frauen gerichtet, aber auch umgekehrt möglich (vgl. TV-Beitrag „Amputierte Frauen“ von Sigrid Arnade und Beate Greindl, in: Panorama Nr. 508 vom 01.12.1994)
Americans with Disabilities Act (ADA), 1990 in den USA verabschiedetes Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen bzw. Antidiskriminierungsgesetz, hervorgegangen aus dem Rehabilitation Act von 1973 (Verbot der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, Abschnitte 503 und 504).
Arbeitsgemeinschaft Disability Studies in Deutschland (AGDS) – Wir forschen selbst, gegründet am 13.04.2002 an der Universität Dortmund von behinderten Wissenschaftler*innen und interessierten Aktivist*innen der Behindertenbewegung (Theresia Degener, Anne Waldschmidt, Swantje Köbsell u.a.) mit dem Ziel des Informationsaustauschs und der Vernetzung sowie der Weiterentwicklung, Verbreitung und Etablierung der Disability Studies (Behinderungsforschung) in Deutschland.
Aufklärungskampagne der ehem. Aktion Sorgenkind (seit 2000: Aktion Mensch) e.V., Herbst 1997 Start der bundesweiten behindertenpolitischen Aufklärungskampagne („grüne Kampagne“) mit dem zentralen Instrument der „Aktion Grundgesetz“, 2.500 „grüne Plakate“ bundesweit zur Erinnerung an die erfolgreichsten Slogans der „Aktion Grundgesetz“ ("Behindert ist man nicht. Behindert wird man", "Die Würde des Menschen ist antastbar", "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden" u.a.m.), über hundert Unterstützerverbände, Beteiligung von mehreren hundert Gruppen und Einrichtungen an Aktionen, Veranstaltungen und Fachtagungen, Medienkampagne mit Plakaten, TV-Spots, Anzeigen u.ä., wegen des großen Erfolgs Verlängerung der Kampagnen-Laufzeit von einem Jahr auf insgesamt drei Jahre.
Ausschuss zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen (Committee on the Rights of Persons with Disabilites – CRPD) der Vereinten Nationen, überwacht die Einhaltung der Behindertenrechtskonvention, nimmt Individualbeschwerden an, prüft die Staatenberichte, 18 Sachverständige aus verschiedenen Ländern, in persönlicher Eigenschaft tätig, unterliegen nicht der Weisung eines Staates, für vier Jahre gewählt, zweimal jährliche Treffen in Genf.
Autonom Leben, Modellprojekt (1984-1986), Beratungs- und Unterstützungszentren in sechs deutschen Städten für Menschen mit Körperbehinderung, Aufbau nach dem Vorbild der amerikanischen Center for Independent Living (Zentren für selbstbestimmtes Leben) und deren Peer-Counseling-Prinzip (Beratung auf Augenhöhe von Behinderten für Behinderte), offensive Interessenpolitik, kritische Auseinandersetzung mit den traditionellen Behindertenorganisationen (und deren Leitung von Funktionären ohne Behinderung), Austausch- und Multiplikatorenprogramme, hervorgegangen aus einem internationalen Fachkongress 1982 in München (veranstaltet von der Vereinigung Integrationsförderung VIF e.V., Thema „Behindernde Hilfe oder Selbstbestimmung der Behinderten - Neue Wege gemeindenaher Hilfen zum selbstständigen Leben", erstmals Vertreter*innen der amerikanischen und britischen Independent Living-Bewegung).
„Behinderte Menschen in die Parlamente", Kampagne bzw. Wahlspruch der Behindertenbewegung in den 1990er Jahren, Menschen mit Behinderung sollten Interessenvertretung und Lobbyarbeit nicht nur von außen betreiben, sondern auch direkt dort, wo Entscheidungen getroffen werden.
Behindertenbeirat, kommunal, vertritt die Interessen von Menschen mit Behinderung gegenüber der Kommune, aber auch gegenüber anderen Gremien und Institutionen mit dem Ziel die Selbstbestimmung und Teilhabe am öffentlichen Leben für die in der Gemeinde lebenden Menschen mit Behinderung zu stärken.
Behinderten-Fahrdienst, Bremen s. Protestaktionen gegen die Neuregelung des Fahrdienstes für Menschen mit Behinderung in Bremen
Behindertengleichstellungsgesetz (BGG, Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen), in Kraft getreten am 1. Mai 2002, danach weitere Änderungen, gilt vorrangig für Träger der Öffentlichen Gewalt auf Bundesebene, enthält insbesondere Zielvereinbarungen zur Herstellung von Barrierefreiheit.
Behinderteninitiative STIB e.V., Erlangen s. Studenteninitiative STIB e.V., Erlangen
Behindertenrechtsausschuss der Vereinten Nationen s. Ausschuss zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen
Behinderten- und Krüppelforum s. Krüppelforum
Behindertenverband der DDR s. Allgemeiner Behindertenverband der DDR s.a. Allgemeiner Behindertenverband in Deutschland (ABiD) e.V.
Behinderungsforschung, kritische Behinderungsforschung s. Disability Studies
Beratungsstelle SelbstBestimmt Leben Bremen e.V. – Beratung für Behinderte und ihre Angehörigen („Beratung, Politik und Kultur von und für Menschen mit Beeinträchtigungen“), hervorgegangen aus der autonomen Behindertenbewegung bzw. Krüppelbewegung der 1970er Jahre, 1980 als „Krüppelselbsthilfe e.V.“ gegründet (Verbesserung der Wohn- und Lebensverhältnisse von Menschen mit Behinderung, Kontakt- und Beratungszentrum), November 1986 als Beratungsstelle des Projekts „Selbstbestimmt Leben“ eröffnet (Peer-Counseling, Sozialrecht-, Wohn- und Pflegeberatung), seit 1990 Teil der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben (ISL) e.V.
Berliner Behindertenverband (BBV), gegründet noch im Januar 1990, Interessenverband der Menschen mit Behinderung in Ostberlin, Vorstandsmitglieder aus Ost- und Westberlin, Zusammenarbeit u.a. mit dem Westberliner „Spontanzusammenschlusses Mobilität für Behinderte (Spontis)“, fordert stärkere Beteiligung von Menschen mit Behinderung bei Stadtplanung, Entwicklung von Nah- und Fernverkehr, Arbeit, Bildung, Kultur, Gesundheitswesen, seit April 1990 Mitglied des Allgemeinen Behindertenverbands der DDR (später Allgemeiner Behindertenverband in Deutschland ABiD e.V.).
Berliner Netzwerk behinderter Frauen s. Netzwerk behinderter Frauen Berlin e.V.
Bremer Fahrdienst für Behinderte s. Protestaktionen gegen die Neuregelung des Fahrdienstes für Menschen mit Behinderung in Bremen
Berliner Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen (BZSL) e.V., Ost-Berlin, gegründet während der Wende im Frühjahr 1989 von Menschen mit Behinderung aus Ost- und West-Berlin im Ost-Stadtteil Prenzlauer Berg, hervorgegangen aus der integrativen Bildungs- und Kulturarbeit des Ost-Berliner Klubs „Impulse“ in den 1980er Jahren und Besuchen im Stockholmer Selbstbestimmt-Leben-Zentrum STIL, Umsetzung des Peer-Counseling-Konzepts, 1990 Aufnahme des Ost-Berliner BZSL in den gerade neugegründeten Dachverband Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) e.V. (erstes ZSL aus Ostdeutschland im vereinten Deutschland).
Bundesteilhabegesetz (BTHG 2016), Pooling s. Pooling von Leistungen
Bundesverband - Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) e.V., vertritt behinderungsübergreifend die Anfang der 1990er Jahre gegründeten ISL-Landesverbände der Bundesländer im Weltverband Disabled People’s International (DPI, gegründet 1981, Sitz in Kanada, menschenrechtsorientierte, betroffenenorientierte Nicht-Regierungsorganisation für Menschen mit Behinderungen)
Center for Independent Living (CIL, Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen), USA, erstmals gegründet 1972 in Berkeley, Kalifornien, von Ed Roberts (erster Studierender mit Behinderung an der University of California, Berkeley), Wiege der amerikanischen Independent Living-Bewegung, Angebot des Peer Counseling (Schulung, Beratung und Unterstützung von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung), hervorgegangen aus der Bürgerrechtsbewegung 1962, landesweiter Aufbau von über 300 unabhängigen Center for Independent Living in den USA.
Civil Rights Act, USA, Antidiskriminierungsgesetz von 1964, hervorgegangen aus der Bürgerrechtsbewegung 1962, Verbot von Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Herkunft, später auch von Alter und Behinderung (Rehabilitation Act, 1973: Verbot von Diskriminierung bzw. aktive Förderung von Menschen mit Behinderung bei US-Bundesprogrammen bzw. Vertragspartnern der US-Regierung), Beweispflicht, dass nur sachliche und keine diskriminierenden Gründe für eine Ungleichbehandlung vorlagen, beim Beklagten.
Clubs Behinderter und ihrer Freunde (CeBeeF) e.V., Nachfolger der Clubs 68 e.V., erstmals gegründet 1968 in Hamburg, Ziel: Gemeinschaft auf Augenhöhe zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, Abwendung von Mitleid, systemimmanente Integration durch gemeinsame Freizeitaktivitäten, weitere Gründungen bis in die 1970er Jahre in vielen deutschen Städten, zunehmendes kommunalpolitisches Engagement (gegen ungenügende Hilfsmittelversorgung, öffentliche Barrierefreiheit, rollstuhlgerechte Wohnungen, ambulante Hilfen u.a.), 1972 Zusammenschluss zur Bundesarbeitsgemeinschaft der Clubs Behinderter und ihrer Freunde (BAG C).
Club 68, erstmals gegründet 1968 in Hamburg, Abspaltung von einem Hamburger Elternverein mit behinderten Kindern (dem Club Behinderter und ihrer Freunde angeschlossener Elternverein), Ausbreitung der Clubs 68 in weitere deutsche Städte, Ziel: Abbau gesellschaftlicher Barrieren, besseres Zusammenleben von Menschen mit Behinderung und ihren nichtbehinderten Freund*innen, Hilfe zur Selbsthilfe, gemeinsame Freizeitaktivitäten, Vorläufer der Clubs Behinderter und ihrer Freunde (CeBeeF) e.V.
Cooperative for Independent Living (STIL) s. Independent Living Institute (ILI), Stockholm
„Der (im-)perfekte Mensch“, Ausstellung im Deutschen Hygiene-Museum Dresden, 2000, s. Tagung zur Ausstellung „Der (im-)perfekte Mensch“
die randschau s. randschau
„Düsseldorfer Appell gegen die Diskriminierung Behinderter“, hervorgegangen aus der Forderung der Behindertenbewegung, Menschen mit Behinderung nachträglich als NS-Opfer anzuerkennen, Appell an ein Behindertengleichstellungsgesetz nach dem Vorbild der Antidiskriminierungsgesetzgebung für Menschen mit Behinderung in den USA, 1991 von einem Bündnis aus Behindertenverbänden verabschiedet und auf der Reha-Messe (Fachmesse für Rehabilitation, Pflege, Prävention und Integration) in Düsseldorf der Öffentlichkeit vorgestellt, auch verbandsübergreifend tätig (Unterschriftensammlung, Veranstaltungen, Protestaktionen), erfolgreich 1994 bei der Verfassungsergänzung Art. 3 Abs. 3 Satz 2 im neuen gesamtdeutschen Grundgesetz (Benachteiligungsverbot ausdrücklich für Menschen mit Behinderung)
s.a. Initiativkreis Gleichstellung Behinderter
s.a. Verfassungsergänzung Art. 3
s.a. Aktion Grundgesetz
Einkommenssituation von Frauen mit Behinderung, Mikrozensus 2005, Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Heiko Pfaff u.a.: Behinderung und Einkommen. Ergebnis des Mikrozensus 2005, in: Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik 02/2007)
Empowerment, empowern (engl. Ermächtigung/ermächtigen, Stärkung/stärken), Konzept der Stärkung von Selbstbestimmung und Selbstkompetenz i.S. der Förderung gesellschaftlicher Teilhabe, hier: von Menschen mit Behinderungen, hervorgegangen aus der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre.
ENIL s. European Network on Independent Living (Europäisches Netzwerk für Selbstbestimmtes Leben)
Eröffnungsveranstaltung zum UNO-Jahr der Behinderten 1981 s. Internationales Jahr der Behinderten, Eröffnung
Europäisches Netzwerk für Selbstbestimmtes Leben (ENIL) s. European Network on Independent Living (ENIL)
European Network on Independent Living (ENIL, Europäisches Netzwerk für selbstbestimmtes Leben), Motto „Nichts über uns ohne uns“ (Betroffenenpolitik statt Fremdbestimmung), gegründet 1990 als Nicht-Regierungsorganisation aus Organisationen der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung und Einzelpersonen, für Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen, Sitz in Brüssel/Belgien, Forderung nach Inklusion und eine menschenrechtsorientierte Behindertenpolitik.
Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, 5. Mai, jährlicher europaweiter Aktionstag, erstmals 1992 von der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland (ISL) ins Leben gerufen, Ziel ist die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, Wahl des 5. Mai, weil dies auch der Europatag des Europarats ist (Gründung des Europarats durch die Unterzeichnung seiner Satzung am 5. Mai 1949 in London) und damit ein Hinweis auf die europaweite Gleichstellung aller Menschen, bundesweite dezentrale Aktionen mit Unterstützung der Aktion Mensch.
Europäisches Schulprojekt, erstmals 1995 als Comenius-Programm der Europäischen Union eingerichtet, Förderung der Zusammenarbeit aller Schulformen und Schulstufen sowie die Mobilität von Lehrer*innen und Schüler*innen innerhalb der EU, z.B. durch internationale Lehrer*innen-Fortbildungen und Schulprojekte, Teil des EU-Programms für lebenslanges Lernen, seit 2014 Teil des EU-Bildungsprogramms Erasmus+.
fab e.V., Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter in Kassel, 1987 aus der Aktionsgruppe Behinderter in Kassel (AKB) hervorgegangen, Umstrukturierung eines klassischen ambulanten Hilfsdienstes zum Zentrum für selbstbestimmtes Leben, bietet Beratung, Assistenzdienst und unterstütztes Wohnen für Menschen mit Behinderungen (betroffenenorientiert, behinderungsübergreifend, ganzheitlich, politisch).
Fahrdienst für Behinderte in Bremen s. Protestaktionen gegen die Neuregelung des Fahrdienstes für Menschen mit Behinderung in Bremen
fib e.V., Marburg, Verein zur Förderung der Inklusion behinderter Menschen, gegründet 1982, angepasste Hilfen für Menschen mit Behinderungen nach individuellem Bedarf (Arbeitsbereiche: Assistenz, Beratung, unterstütztes Wohnen, Familienunterstützung, Schulbegleitung), seit Mitte der 1980er Jahre auch umfassende Hilfen für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen und Menschen mit Psychiatrieerfahrungen, die selbständig wohnen wollen.
5. Mai s. Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
Geistig Behinderte (veralteter Ausdruck) s. Menschen mit Lernschwierigkeiten
„Geschlecht: behindert. Besonderes Merkmal: Frau“, Sammelband mit Beiträgen von Autorinnen mit Behinderung (Hrsg.: Carola Ewinkel/Gisela Hermes), erschienen 1985, im Zusammenhang mit dem sich formierenden wissenschaftlichen Fachgebiet „Frauenforschung in der Behindertenpädagogik“, Aufdeckung der strukturellen, historischen und statistischen Zusammenhänge von Geschlechtszugehörigkeit und Behinderung, Bewusstmachung der Geschlechterdimension in der Behindertenpädagogik und Behindertenpolitik.
„Goldene Krücke“, satirischer Preis für besondere Behindertenfeindlichkeit, erstmals verliehen 1978, ging zurück auf zwei Aktivisten der Behindertenbewegung bzw. des Frankfurter Volkshochschulkurses „Bewältigung der Umwelt“ (Gusti Steiner und Ernst Klee), jährliche Preisverleihung am Buß- und Bettag an den Städtischen Bühnen Frankfurt, letztmals 1980, Wiederaufnahme der Tradition seit 2014 mit dem Preis „Glitzernde Krücke“, verliehen durch die Pride Parade Berlin (Motto: „Behindert und verrückt feiern“), an „Vereine/Unternehmen/Institutionen/Gesetze, die sich auf besonders negative Weise darin hervorgetan haben, Behinderte und Verrückte weiter auszugrenzen oder zu benachteiligen“.
Initiativkreis Gleichstellung Behinderter, Forderung nach einem Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz, BGG) und einer Grundgesetzergänzung in GG Art. 3 Abs. 3, 1991 „Düsseldorfer Appell“ (Forderung nach gesetzlichen Regelungen zur rechtlichen Gleichstellung von Menschen mit
Behinderungen), bundesweite rot-grüne Plakatwerbung „Ich will kein Mitleid, ich will Respekt“, 1994 Ergänzung des Art. 3 Abs. 3 GG um den Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ (Benachteiligungsverbot ür Menschen mit Behinderung)
s.a. Verfassungsergänzung Art. 3
s.a. Aktion Grundgesetz
Hessisches Netzwerk behinderter Frauen, gegründet 1992 in Kassel, inspiriert durch die Reha-Messe 1991 in Düsseldorf, erstes Netzwerk dieser Art auf Länderebene, unter der Trägerschaft des Vereins zur Förderung der Autonomie Behinderter (fab e.V.), finanziert vom Hessischen Sozialministerium, Ziel: frauen- und behindertenpolitisches Engagement sowie Stärkung von Frauen mit Behinderung durch Information und Kooperation mit verschiedenen Organisationen und Projekten, betreibt das Hessische Koordinationsbüro für behinderte Frauen, weitere Länder-Netzwerke behinderter Frauen in: Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein.
Hilfe nach Maß, Modellprojekt „Selbst bestimmen – Hilfe nach Maß für Behinderte“ des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Gesundheit 1994 in Rheinland-Pfalz, Erprobung eines Persönlichen Pflegebudgets zur Organisation individuell zugeschnittener Hilfeleistungen, neuartige Kombination von Personen- und Autonomieorientierung (statt Institutionenorientierung) mit Markt- bzw. Kundenorientierung (Aufnahme der Behindertenhilfe in den sozialen Dienstleistungsmarkt), Nachfolgeprojekt 2004: „Integriertes Budget“ (aus Pflegebudget und trägerübergreifendem Persönlichem Budget).
„Human Rights and Disabled Persons“ (Menschenrechte und Menschen mit Behinderungen. Essays und relevante Menschenrechtsinstrumente), Hrsg.: Theresia Degener/Yolan Koster-Dreese, Verlag Brill/Nijhoff 1995, Reihe „Internationale Studien für Menschenrechte“.
Independent Living Institute (ILI, Institut für Selbstbestimmtes Leben), Stockholm -, gemeinnützige private Stiftung unter der Leitung von überwiegend Menschen mit Behinderung, Zentrum für betroffenenorientierte Politik für die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, Dienst zur Meldung von Diskriminierung aufgrund einer Behinderung, Informationen über Anbieter Persönlicher Assistenz, ILI 1993 in Schweden gegründet als Institute on Independent Living, zwei Gründungsorganisationen (Cooperative for Independent Living, STIL, und die Göteborg Independent Living Cooperative, GIL), hervorgegangen aus einer Konferenz zu Persönlicher Assistenz 1989 im Europäischen Parlament in Straßburg, Ziel: die Verbreitung der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung in Schweden und international, 2003 Namensänderung in Independent Living Institute (ILI).
Independent Living Resource Center of San Francisco (ILRCSF), Interessenvertretung/Information und Unterstützung, unterstützende Dienstleistungen und Förderung sozialen Wandels, 1976 gegründet als San Francisco Independent Living Project bzw. als eines der ersten unabhängigen Independent Living Center der USA, ursprünglich nur für Menschen mit Körperbehinderung, seither schrittweise Expansion, Ausdehnung auf weitere Sprachen (einschl. Gebärdensprache) und Ausdehnung auf alle Behinderungsarten (einschl. psychiatrische Behinderungen, multiplen Allergien, HIV-bedingten Behinderungen u.a.), 1989-90 Engagement für die Verabschiedung des Antidiskriminierungsgesetzes Americans with Disabilities Act (ADA).
s.a. V. und B. Bruckner (Personenverzeichnis)
s.a. Center for Independent Living (CIL), USA
IKSL s. Initiative Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben in NRW
Initiative Kompetenzzentren Selbstbestimmt Leben in NRW (IKSL), inklusives Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Sabine Kühnert und Prof. Dr. Theresia Degener am Bochumer Institut für Disability Studies, wissenschaftliche Begleitung der seit 2016 vom Land Nordrhein-Westfalen an sechs Standorten aufgebauten Kompetenz¬zentren für Selbstbestimmtes Leben (KSL), Laufzeit zwei Jahre, Aufbau eines Wissens-, Dialog- und Transferzentrum in Hinblick auf die UN-Behindertenrechtskonvention und die Disability Studies.
Initiativkreis Gleichstellung Behinderter, gegründet 1990 durch den Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. (BSK, gegründet 1955, Sitz in Krautheim), Bezugnahme auf das 1990 verabschiedete amerikanische Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen (Americans with disabilities Act, ADA), Herausgabe des „Düsseldorfer Appells", Beteiligung an der Verfassungsdiskussion im Zuge der deutschen Wiedervereinigung Anfang der 1990er Jahre, 1994 erfolgreiche Forderung nach Ergänzung des Art. 3, Abs. 3, Satz 2 GG um den Zusatz "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden", wird später zum Netzwerk Artikel 3 (gegründet 1996).
Inklusionsbotschafter*innen – Vernetzung von Unterstützer*innen auf dem Weg zur Inklusion, Modellprojekt („Eigene Erfahrungen einbringen – UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen“) der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL), 2015-2020, gefördert von der Aktion Mensch, Stipendium und Schulung für vierzig Inklusionsbotschafter*innen mit unterschiedlichen Behinderungen als Beispiel für gelungene Inklusion (durch Gremienarbeit für die UN-Behindertenrechtskonvention, behinderungsübergreifende Perspektive, Empowerment und Stärkung der Selbstvertretung von Menschen mit Behinderung, Entwicklung konkreter eigener Projekte zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention), Best practice-Beispiele: Persönliches Budget, inklusive Wohngemeinschaft, Aufklärung an Schulen, Inklusionssong, Mitarbeit an Aktionsplänen zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention u.a.m.
Interessengemeinschaft behinderter und nichtbehinderter Studierender, Gesamthochschule Kassel (GHK, ab 2003 Universität), gegründet Mitte der 1980er Jahre, Vorläufer eines Behindertenreferats bzw. des Autonomen Referats für barrierefreies Studieren der Universität (ARbS, politische Interessenvertretung für Studierende der Universität mit körperlichen oder psychischen Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, Beratung zu Studium, Hilfsmitteln, Nachteilsausgleich, Assistenz, Vermeidung/Beseitigung baulicher Barrieren).
Internationale öffentliche Tagung „Der (im-)perfekte Mensch. Zwischen Anthropologie, Ästhetik und Therapeutik“ der Stiftung Deutsches Hygiene-Museum in Dresden, 6./7. Juli 2001 im Deutschen Hygiene-Museum Dreden, in Kooperation mit der Deutschen Behindertenhilfe / Aktion Mensch e.V. / dem Kulturwissenschaftlichen Seminar der Humboldt-Universität zu Berlin / dem Interdisziplinären Zentrum für Historische Anthropologie der Freien Universität Berlin, Tagung zur Ausstellung „Der (im-)perfekte Mensch – Vom Recht auf Unvollkommenheit“ im Deutschen Hygiene-Museum 2000/2001), Referent*innen u.a. Prof. Dr. Rosemarie Garland Thomson, Professorin für Englisch, Howard University, Washington, D.C. (mit einem Vortrag zur Ästhetik: "Der versehrte Maßstab / Narratives of Deviance and Delight: Staring at Julia Pastrana, the ‚Extraordinary Lady‘“ und mit „Perspectives of Historization“), die Tagung wirkte als Initialzündung zur Akademisierung der Behindertenbewegung bzw. den politischen, parteilichen und interdisziplinären Disability Studies.
Internationales Jahr der Behinderten 1981, Eröffnungsveranstaltung am 24./25.1. in der Dortmunder Westfalenhalle, 1976 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen auf Antrag Libyens ausgerufenes „UNO-Jahr der Behinderten 1981“ (in der DDR: „Internationales Jahr der Geschädigten“), Motto „Einander verstehen – miteinander leben!“ im Sinne von Integration und Rehabilitation, provokanter Kontrast zum behindertenfeindlichen Alltag, zur Stellvertreter-Mentalität der Nicht-Behinderten und zur politischen Praxis der Sondereinrichtungen und Sonderhilfsmittel, die zu Isolation, Entmündigung und Misshandlung führten, Eröffnungsveranstaltung ohne organisatorische Beteiligung von Menschen mit Behinderung, Protestaktionen während des Festakts durch eine „Aktionsgruppe gegen das UNO-Jahr der Behinderten“ (gruppenübergreifendes Bündnis der „Krüppelbewegung“), die Anfänge der Selbstorganisation von Menschen mit Behinderung wurden in Gefahr gesehen, Podiumsbesetzung durch einen „Krüppel- und Wohltäterzug“:
„Heimwärter zogen in Uniform mit Schlüsseln und Bettpfanne am Gürtel neben Rollstuhlfahrern mit einer Pappuhr (‚12 Uhr - Wir dürfen mal wieder aufs Klo‘), ein Mann demonstrierte nackt im Rollstuhl die angebliche Geschlechtslosigkeit Behinderter, zur Halle 3, wo Carstens (Bundespräsident Carl Carstens) und Ehrenberg (Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Dr. Herbert Ehrenberg) ihre Ansprachen halten sollten. Als die Spitze des Zuges die Bühne erreichte, besetzten sie Rollstuhlfahrer, die mit Ketten ihre Räder aneinanderfesselten. Weitere Rollstuhlfahrer umringten die besetzte Bühne. Gusti Steiner, einer der Besetzer: ‚Leute, keine Rede, die in diesen Jahr auf uns, über uns oder zum Teil mit uns gehalten wird, ist es wert, angehört zu werden, weil keine dieser Reden unsere Situation verändert.‘“ (Karin Fischer/Hannes Heiler: Carstens – geh doch lieber wandern, in: SPAK-forum 1981; Februar 10/11, Seite 24),
Verlesung einer Resolution durch die Besetzer für die Anerkennung des Selbstvertretungsrechts von Menschen mit Behinderung, Auftakt einer starken Politisierung der Behindertenbewegung und Beginn eines veränderten Bildes von selbstbewussten, aktiven Menschen mit Behinderung in der breiten Öffentlichkeit, Hintergrund der Protestaktionen bei der Eröffnungsveranstaltung des Intern. Jahrs d. Behind. war eine Großdemonstration von Menschen mit und ohne Behinderungen am 8.5.1980 in Frankfurt/Main gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt, das einer Urlauberin die Minderung ihres Reisepreises zugestand, weil ihr Urlaubsgenuss durch Menschen mit Behinderung in ihrem Urlaubshotel beeinträchtigt worden sei, 1981 als das „1968“ der Behindertenbewegung.
Jahr der Behinderten 1981 s. Internationales Jahr der Behinderten 1981
„Jahr der Geschädigten 1981“ (DDR) s. „Internationales Jahr der Behinderten 1981“
Jahrestag 5. Mai s. Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
JoB.- Journalismus ohne Barrieren, Medienbüro rund um das Thema Behinderung (Mediengestaltung und –entwicklung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Projekte, Veranstaltungen, u.a.), gegründet 1996 von Dr. Sigrid Arnade und H.-G. Heiden M.A., Sitz in Berlin
Kampagne "Behinderte Menschen in die Parlamente" s. „Behinderte Menschen in die Parlamente“, Kampagne
Kongress in München, 1982, veranstaltet von der Vereinigung Integrationsförderung (Vif) e.V. München, Thema „Behindernde Hilfe oder Selbstbestimmung der Behinderten - Neue Wege gemeindenaher Hilfen zum selbstständigen Leben",
Präsentation unterschiedlicher Konzepte aus Europa und den USA zur Unterstützung von Menschen mit Körperbehinderung, erstmals Teilnehmer*innen aus der amerikanischen und englischen Independent-Living-Bewegung, die Übertragbarkeit ihrer Erfahrungen auf westdeutsche Verhältnisse als Kernfrage, Einführung der Begriffe „Independent Living“ (selbstbestimmt leben) und „Assistenz“ (damals nur im Sinne von Arbeits- und Schulassistenz) in die deutsche Diskussion, Planung des späteren ersten internationalen Modellprojekts „Autonom Leben“ (Aufbau von Zentren für Selbstbestimmtes Leben nach amerikanischem Vorbild in Deutschland mit Austausch- und Multiplikatorenprogrammen, 1984-1986).
Krückenschlag, zwei angedeutete Krückenschläge gegen das Schienbein des Bundespräsidenten (1979-84) Karl Carstens durch den Aktivisten der Krüppelbewegung Franz Christoph
während der Eröffnung der Reha-Messe 1981 in Düsseldorf, symbolischer Hieb gegen eine gönnerhafte und verlogene Integrationspolitik angesichts offener und versteckter Diskriminierung und gegen die Vorenthaltung demokratischer Rechte für Menschen mit Behinderung, die Tat zog nur ein Hausverbot, aber keine Strafanzeige oder gerichtliche Konsequenzen nach sich, Christoph wurde lediglich aufgefordert, sich zu beruhigen, wie von ihm beabsichtigt zeigte die Aktion, dass es keine Verhaltensmuster gab, wie mit einem behinderten Angreifer umzugehen wäre und Widerstand von Behinderten nicht ernst genommen wurde.
Krüppelforum, in den Anfangsjahren der Krüppelbewegung (ab 1970) bundesweites Austauschforum verschiedener Krüppelinitiativen, Kern der Bewegung, um das Internationale Jahr der Behinderten (1981) herum Aufteilung der Krüppelbewegung nach Interessen und Arbeitsformen, in der Folge Krüppelforum nur noch Zusammenschluss von Einzelpersonen.
Krüppelfrauengruppen, gegründet 1981 in Bremen (von Swantje Köbsell u.a.) und weiteren deutschen Städten, angeregt durch die beim Krüppeltribunal (im Internationalen Jahr der Behinderten 1981) vorgebrachte Problematik der doppelten Diskriminierung als Behinderte und als Frau, Beschäftigung mit frauenspezifischen Themen (Schönheitsideal, sexistische Übergriffe, Gynäkologie u.a.), 1982 erstes bundesweite Krüppelfrauentreffen in Marburg, Krüppelfrauengruppen parallel bzw. in Abgrenzung zur männerdominierten Krüppelszene, in der Folge wissenschaftliche und persönliche Aufarbeitung der doppelten Diskriminierung (z.B. in dem Buch „Geschlecht: behindert, besonderes Merkmal: Frau“, ersch. 1985)
Krüppelgruppen, gegründet von der Krüppelbewegung (neue Generation der Behindertenbewegung seit den 1970er Jahren), erstmals 1977 in Bremen (von Horst Frehe und Franz Christoph), weitere Krüppelgruppen in Hamburg, Marburg (Krüppelinitiative Marburg, KRIM, Anfang der 1980er Jahre) und München, offensive Verwendung des veralteten Begriffs „Krüppel“ als provokanter Hinweis auf die anhaltende Stigmatisierung von Menschen mit Behinderung als Mitleidsobjekte, reine Betroffenen-Gruppen (ohne nichtbehinderte Funktionär*innen oder Unterstützer*innen) nach dem Vorbild der Frauengruppen, Entwicklung des „Krüppelstandpunkts“, politisches Selbstverständnis von „Behinderung“, gegen Bevormundung und Normalitätserwartungen der Gesellschaft, Initiierung spektakulärer und provokanter Protestaktionen, Herausgabe der „Krüppelzeitung – von Krüppel für Krüppel“ 1979-1985.
Krüppelstandpunkt, entwickelt von Franz Christoph und Horst Frehe (Krüppelgruppen) in den 1970er Jahren, beinhaltet die Unterdrückung Behinderter als „kulturelle Versklavung“, fordert Ausschluss von Nicht-Behinderten aus den Behindertengruppen nach dem Vorbild der Frauengruppen, Konfrontation statt Kooperation mit Nicht-Behinderten, gegen die Stellvertreter-Rolle der Nicht-Behinderten als Unterstützer und Funktionäre.
Krüppeltribunal, von der Behindertenbewegung zum Ende des Internationalen Jahrs der Behinderten 1981 durchgeführt (analog zum jährlich von Amnesty International durchgeführten Russel-Tribunal, erstmals 1966, ursprünglich zur Untersuchung US-amerikanischer Kriegsverbrechen im Vietnam-Krieg), Klage gegen Menschenrechtsverletzungen bei Menschen mit Behinderung, gegen Aussonderungspolitik (Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderung), gegen die Unterdrückung von Menschen mit Behinderung durch Politik, Heimleitungen, Experten, Anklagepunkte: Lebenssituation in Heimen, Behördenwillkür, Mobilität, Werkstätten, Lebenssituation von Frauen mit Behinderung, Pharmaindustrie, Psychiatrie, die Zustände im Rehabilitationszentrum Neckargmünd, Spaltung über die Frage der Einbeziehung von Menschen ohne Behinderung in die Organisation des Krüppeltribunals, schließlich Planung und Durchführung des Tribunals ohne Beteiligung der Krüppelgruppen (die den Ausschluss von Menschen ohne Behinderung forderten).
s.a. Krüppelstandpunkt
Krüppelzeitung („Von Krüppel für Krüppel“), herausgegeben 1979–1985 (14 Hefte) von den Krüppelgruppen als eigenes Diskussionsforum.
Kurzweil Technologies s. Scanner mit Texterkennung für Menschen mit Blindheit oder starker Sehbehinderung
„Lieber arm dran als arm ab“, Dokumentarfilm (Kurzfilm, Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, dffb) von Wolfram Deutschmann, Bundesrepublik Deutschland 1981, Zusammenschnitt von Dokumentarszenen der Protestaktionen gegen das UNO-Jahr der Behinderten 1981 und fiktiven Spielszenen, mit historischem Bezug zur Vernichtung von Menschen mit Behinderung während des Nationalsozialismus, der Filmautor ist selbst körperbehindert.
s.a. „Lieber Arm ab als arm dran“, Buch von Rainer Schmidt
„Lieber Arm ab als arm dran. Grenzen haben – erfüllt leben“, Gütersloher Verlagshaus 2004, autobiografischer Erfahrungsbericht von Rainer Schmidt, der Autor hat von Geburt an fehlende Unterarme und einen verkürzten Unterschenkel, vertritt mit dem provokanten Wortspiel im Titel die These, dass seine Behinderung keinen zwingenden Einfluss auf sein Wohlbefinden habe, wendet sich gegen die Einteilung von Menschen in behindert und nichtbehindert bzw. plädiert für die Universalität von Begabungen und Hindernissen, international erfolgreicher Tischtennisspieler, Aktivensprecher des Behindertensportverbands, evangelischer Theologe, Referent am Bonner Pädagogisch Theologischen Institut der Evangelischen Kirche im Rheinland (PTI).
s.a. „Lieber arm dran als Arm ab“, Dokumentarfilm von Wolfram Deutschmann
„Luftpumpe“, Zeitung für Menschen mit und ohne Behinderung, gegründet von Lothar Sandfort, erstmals erschienen 1978 in Köln, Trägerverein CeBeeF (Club Behinderter und ihrer Freunde) Köln e.V., Schwerpunkte: selbstorganisierte Freizeitmöglichkeiten und Selbsthilfeorganisationen von und für Menschen mit Behinderung im Raum Köln, Spaltung der Redaktion über die Frage der Zusammenarbeit mit Menschen ohne Behinderung bis zur Aufgabe der Zeitung, zuvor Abspaltung eines Teils der Redaktion mit eigenen Treffen, aus denen später die Kölner „Krüppelgruppe“ hervorging.
s.a. Sandfort, Lothar (Personenverzeichnis)
s.a. Club Behinderter und ihrer Freunde (CeBeeF) e.V.
Menschen mit Lernschwierigkeiten, neuere Bezeichnung für Menschen mit geistiger Behinderung (veraltet), Behinderungsart erst seit den 1990er Jahren von der Behinderungsbewegung eigens thematisiert und gewürdigt.
Menschenrechtsorientiertes Modell von Behinderung, USA, Abkehr vom medizinischen Modell und vom sozialen Modell von Behinderung, statt dessen Betonung der Bürgerrechte und Menschenrechte von Menschen mit Behinderung, umfassenderer Behinderungsbegriff als der deutsche (des Sozialgesetzbuchs SGB IX), umgesetzt in der UN-Behindertenrechtskonvention von 2006, Art. 12.
Mikrozensus 2005 („Behinderung und Einkommen“) s. Einkommenssituation von Frauen mit Behinderung
Netzwerk behinderter Frauen Berlin e.V., gegründet 1995, aufgrund der Erfahrung der doppelten Benachteiligung als Mensch mit Behinderung/chronischer Erkrankung und Frau, seit 1997 auch Selbsthilfe-, Kontakt- und Beratungsstelle, Ziele: Vermittlung des Selbstbestimmt-Leben-Gedankens, Stärkung des Selbstvertrauens, Beratung, Öffentlichkeitsarbeit, gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen, weitere Länder-Netzwerke behinderter Frauen in: Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein.
Netzwerk behinderter Frauen (Hessen) s. Hessisches Netzwerk behinderter Frauen
Pooling (engl. Bündelung, Zusammenschließen) von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch für Menschen mit Behinderungen mit vergleichbarem Bedarf gemäß Bundesteilhabegesetz (BTHG) von 2016, Leistungsberechtigte teilen sich eine Leistung (z.B. eine*n gemeinsame*n Assistent*in), massive Proteste von Behindertenverbänden und –organisationen gegen diese Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts von Menschen mit Behinderung, Neuregelung im BTHG 2017: Das Pooling (Teilen einer Assistenz) ist nur für spezielle (weder private noch soziale) Bereiche vorgesehen, wird aber nicht komplett gestrichen.
Protestaktionen bei Eröffnungsveranstaltung zum Internationalen Jahr der Behinderten 1981 s. Internationales Jahr der Behinderten 1981, Eröffnungsveranstaltung
Protestaktionen gegen die Neuregelung des Fahrdienstes für Menschen mit Behinderung in Bremen 1981, von der Bremer Bürgerschaft geplante Kürzung der individuell erlaubten Fahrtenzahl Ender der 1970er Jahre (1977 Einrichtung des ersten Fahrdienstes für Menschen mit Schwerbehinderung in Bremen, budgetierte und terminierte Fahrten für Erledigungen und Besuche, durchgeführt von Wohlfahrtsverbänden), massive Kritik durch die Bremer Krüppelgruppen an der geplanten Neuregelung, Protestaktionen von Menschen mit Behinderung (Blockade einer Durchgangsstraße durch 13 Rollstuhlfahrer*innen, Besetzung der Bremer Bürgerschaft, zweitägige Selbstankettung von Rollstuhlfahrer*innen im Rathaus mit Hungerstreik, selbstorganisierte Pressekonferenz), breite Solidarität von Behindertenorganisationen sowie linken bzw. sozialdemokratischen Bremer Gruppierungen.
Protesttag 5. Mai s. Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, 5. Mai
randschau, verbandsunabhängiges Zeitungsprojekt und Sprachrohr der emanzipatorischen Behindertenbewegung der späten 1970er Jahre, bundesweit erschienen 1986-1999, hervorgegangen aus den Projekten „Krüppelzeitung“ (1979-1985) und „Luftpumpe“.
Reha-Klinik Birkenwerder bei Berlin, zu DDR-Zeiten orthopädische Klinik mit angeschlossener polytechnischer und erweiterter Oberschule („Sonderschule“) bis zum Abitur für Menschen mit Körperbehinderung, 1898 gegründet als Sanatorium, 1952 „Orthopädische Heilstätte“, 1974 grundlegende Sanierung, nach der Wende auch Aufnahme von Kindern ohne Behinderung in die angeschlossene Schule, dadurch Integrationsschule (Schwerpunkt Körperbehinderung), seit 1992 Asklepios Klinik Birkenwerder (Übernahme durch die Asklepios Konzerngruppe) mit integrativer Regine-Hildebrandt-Gesamtschule Birkenwerder.
Reha-Klinik Heidelberg-Schlierbach, Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie (darin: Paraplegiologie – Querschnittzentrum) des Universitätsklinikums Heidelberg, ambulante und stationäre Behandlung akut und chronisch Querschnittgelähmter, gegründet 1955 noch als kleine Sonderstation für querschnittgelähmte Männer, 1967 Eröffnung eines Neubaus (Ludwig Guttmann-Zentrum, nach dem Begründer der modernen Querschnittbehandlung) für die klinische Behandlung von Paraplegikern und Tetraplegikern wie auch einer klinischen Abteilung für eine umfassende berufliche und soziale Rehabilitation von Querschnittgelähmten und anderen Schwerbehinderten, Entwicklung von Therapieverfahren zur Steigerung der Lebensqualität und Selbständigkeit Betroffener, 1996 Gründung einer querschnittspezifischen Forschungsabteilung, seit 2009 weiterer Ausbau des neurologischen Forschungsbereichs.
Reha-Messe Düsseldorf s. REHACARE International
REHACARE International, jährliche internationale Fachmesse für Rehabilitation, Pflege, Prävention und Integration in Düsseldorf, mit REHAVISTA-Hilfsmittelpräsentation bzw. Hilfsmittelforum in Kooperation mit dem Bundesverband Medizintechnologie (BVMed).
Reha-Zentrum für Querschnittgelähmte in Berlin-Buch, heute: Helios Klinikum Berlin-Buch, ursprünglich Ende des 19. Jahrhunderts konzipiert und bis 1929 fertiggestellt als Bucher Krankenanstalten, Klinik für Orthopädie seit 1952 unter der Mitarbeit bzw. Leitung des innovativen Rehabilitationsmediziners Prof. Dr. Wolfgang Presber, seit den 1960er Jahren Schwerpunktverlegung von kriegsbedingten Behinderungen zu Lungen- und Wirbelsäulenerkrankungen, 1963 Zusammenschluss der Bucher Krankenanstalten zum Städtischen Klinikum Buch (größter Medizinstandort der DDR, drei integrierte Sonderschulstandorte mit Schüler*innen aus der gesamten DDR), während der 1970er Jahre Regierungskrankenhaus, nach der Wende wieder allgemein zugänglich und 2001 Übernahme durch die Helios Kliniken Gruppe.
Reha-Zentrum für Querschnittgelähmte in Heidelberg-Schlierbach s. Reha-Klinik Heidelberg-Schlierbach
Scanner mit Texterkennung für Menschen mit Blindheit oder starker Sehbehinderung, barrierefreie Umwandlung von Text in Sprache, US-Hersteller Kurzweil Computer Products Inc., gegründet 1974, erstmalige Entwicklung eines OCR (Optische Zeichenerkennung)-Programms, das jeden Druckschriftentyp erkennen konnte, 1975 Kurzweil-Lesemaschine (KRM) durch Verknüpfung der drei Technologien Scannen, Bildverarbeitung und Text-zu-Sprache-Synthese, Umwandlung von Text in gesprochene synthetische Sprache, in der aktuellen Version Verbindung von PC mit Flachbettscanner, Sprachsoftware und weiteren Tools.
„Selbstbestimmt! Leben mit Behinderung“, Fernseh-Magazinreihe seit 1992 zur Frage „Wie gestaltet sich ein Leben mit Behinderung?“, Lebenshilfe, Ratgeber und Forum aus der Perspektive von Betroffenen, ergänzt durch aktive Mitwirkung von Angehörigen, Freunden, Engagierten, Beitrag zur Überwindung der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, Sendedauer 30 Minuten, Ausstrahlung in MDR, rbb, 3sat.
Selbstbestimmt-Leben-Zentrum, Bremen s. Zentrum für selbstbestimmtes Leben, Bremen
Selbstbestimmung, Thesen s. Zentrum für selbstbestimmtes Leben, Köln
Sommeruniversität Bremen 2003, 18. Juli – 1. August an der Universität Bremen, Thema „Behinderung neu denken – Disability Studies in Deutschland“, im Rahmen des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen, nach amerikanischem Vorbild erstmals in Deutschland durchgeführt vom Bildungs- und Forschungsinstitut zum selbstbestimmten Leben Behinderter (bifos) e.V., in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Disability Studies, unterstützt vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung und der Europäischen Kommission, ca. 500 Teilnehmer*innen (Wissenschaftler*innen, Expert*innen, Praktiker*innen der Behindertenselbsthilfebewegung), Weiterbildungs-, Diskussions-, Kulturveranstaltungen, Schwerpunkt Gleichstellung und Selbstbestimmung, Ziel: neue Wege für Forschung, Lehre und Politik zum Thema Behinderung und für die Praxis der Betroffenen aufzeigen.
Spree-Aktion, Demonstration von siebzig Behindertenrechtsaktivist*innen in Rollstühlen und über hundert weiteren Menschen mit und ohne Behinderung während des Abstimmungsprozesses zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes und des geplanten Bundesteilhabegesetzes vom 21. auf den 22. September 2016, die Rollstuhlfahrer*innen hatten sich am Geländer des Berliner Spree-Kais innerhalb der Bannmeile des Deutschen Bundestags angekettet und blieben es vom 21. bis 22.09. über 22 Stunden, Protest gegen den im Gesetzesentwurf fehlenden Druck auf die Privatwirtschaft mit klaren Regeln für verpflichtende Barrierefreiheit, Kritik an der Beschneidung der Selbstbestimmung (keine Wahlfreiheit bei der eigenen Wohnform) entgegen der UN-Behindertenrechtskonvention und an der Reduzierung von Menschen mit Behinderung zum reinen Kostenfaktor, Verlesung der „10 Gebote für Bundestag und Bundesregierung“ (bzgl. Menschenrechten von Menschen mit Behinderungen) durch Dr. Sigrid Arnade (1. Ich bin das unteilbare Menschenrecht. Du sollst keine Kostenvorbehalte haben wider mich. 2. Du sollst den Begriff der Menschenrechte nicht missbrauchen und ihn nicht verwenden, wenn es nur ums Sparen geht. 3. Du sollst die UN-Behindertenrechtskonvention heiligen. 4. Du sollst behinderte Eltern ehren und ihnen Assistenz gewähren. 5. Du sollst behinderten Menschen nicht den Lebensmut nehmen. 6. Du sollst nicht der Wirtschaft hörig sein, sondern Private zur Barrierefreiheit verpflichten. 7. Du sollst den Kreis der Leistungsberechtigten nicht einschränken und keine notwendigen Leistungen aus Habgier vorenthalten. 8. Du sollst keine Sonntagsreden zur Inklusion schwingen. 9. Du sollst nicht begehren die Liebe der 16 Ministerpräsident*innen. 10. Du sollst nicht begehren das Einkommen und Vermögen behinderter Menschen.)
STIB e.V., Erlangen s. Studenteninitiative STIB e.V., Erlangen
Stiftung zur Förderung körperbehinderter Hochbegabter, für Menschen mit Körper- und/oder Sinnesbehinderung und hoher Begabung (intellektuell, sozial, emotional, kognitiv, musisch, künstlerisch, technisch, sprachlich), gegründet Ende der 1970er Jahre, Sitz in Vaduz/Fürstentum Liechtenstein, ideelle und materielle Unterstützung (Gebrauch bestehender Bildungsmöglichkeiten, Erschließung neuer Bildungswege, Zusammenarbeit mit stiftungsähnlichen öffentlichen und privaten Institutionen, Vergabe von einmaligen oder periodischen pekuniären Leistungen), Ziel: Entdeckung, Entwicklung und Förderung von Begabungspotenzialen schwerbehinderter Schüler*innen.
Straßenbahnblockade Frankfurt, 18. Mai 1974, Aktion des Frankfurter Volkshochschul-Kurses „Bewältigung der Umwelt“ unter der Leitung von Gusti Steiner, Überprüfung der Zugänglichkeit von Gebäuden durch Kursteilnehmer*innen im Rollstuhl, Begleitung durch zwei Fernsehteams, auch Überprüfung der Rollstuhltauglichkeit von Straßenbahnen, nach wiederholter Abweisung durch die Fahrer Schienenblockade durch Gusti Steiner im Rollstuhl, wies durchs Megafon darauf hin, dass Menschen mit Behinderung durch öffentliche Verkehrsmittel in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt würden, großes Publikums- und positives Medienecho, öffentliche Reflexion der eigenen Haltung gegenüber Menschen mit Behinderung.
Studenteninitiative Behinderte (STIB) e.V., Erlangen, Hilfe und Selbsthilfe für Menschen mit Behinderung in allen Lebenslagen, gegründet 1977 an der Universität Erlangen-Nürnberg, in den 1980er Jahren Entwicklung eines barrierefreien Niederflurbusses nach amerikanischen Vorbild zusammen mit einem Bus-Hersteller (Busse fuhren zuerst in Erlangen, später bundesweit), Trägerverein Zentrum für Selbstbestimmtes Leben Behinderter (ZSL) e.V. Erlangen.
Tagung „Der (im-)perfekte Mensch“ s. Internationale öffentliche Tagung „Der (im-)perfekte Mensch“
Thesen zur Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung, aus einem Vortrag von Tobias Reinarz im Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (ZSL) Köln Ende der 1980er Jahre
(„Selbstbestimmt leben heißt ...
- seine Grundbedürfnisse befriedigen zu können
- im Fühlen und Denken frei zu sein
- sich selbst akzeptieren und zu vertreten
- sich in der Begegnung mit anderen Menschen gleichwertig zu fühlen
- seine eigenen Ziele verwirklichen zu können
- ein Leben zu führen, in dem man frei ist, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und in dem man sich für die daraus folgenden Konsequenzen entscheiden kann
- in und mit der Gemeinschaft zu leben
- ein politisches Wesen zu sein“,
Tobias Reinarz, 1999).
s.a. Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (ZSL) Köln
Umbenennung in Aktion Mensch e.V., Umbenennung der Soziallotterie Aktion Sorgenkind e.V. am 01. März 2000, auch unter Druck der Behindertenorganisationen und –verbände, in Aktion Mensch e.V.
UNO-Jahr der Behinderten 1981, Eröffnungsveranstaltung s. Internationales Jahr der Behinderten, Eröffnungsveranstaltung
Vereinigung Integrations-Förderung e.V., München s. VIF
Verein zur Förderung der Autonomie Behinderter s. fab e.V.
Verein zur Förderung der Inklusion behinderter Menschen Marburg s. fib e.V., Marburg
Verfassungsergänzung Art. 3 Absatz 3 Satz 2 GG
(bisher:„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“ – d.h. Gruppen, die während des Nationalsozialismus verfolgt und diskriminiert wurden),
Ergänzung um Satz 2 „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ - Mitaufnahme von Menschen mit Behinderung, seit dem 15.11.1994 in Kraft, zuvor breite Bewegung von Menschen mit Behinderung für diese Verfassungsänderung (Netzwerk Artikel 3 zur rechtlichen Gleichstellung behinderter Menschen u.a.), Aufnahme des Benachteiligungsverbots in das Grundgesetz mit Signalwirkung für die weitere Gleichstellungsbewegung von Menschen mit Behinderung.
Vhs-Kurse „Bewältigung der Umwelt“ s. Volkshochschulkurse „Bewältigung der Umwelt“
VIF (Vereinigung Integrations-Förderung e.V.), München,
gegründet 1978, erster ambulanter Hilfsdienst für Menschen mit Behinderungen, Schwerpunkt persönliche Assistenz (ehem. „Helfer“), Beratungsdienst (für Schule, Studium, Ausbildung, Arbeitsplatz), mobiler sozialer Hilfsdienst und Pflegedienst für Menschen mit Körperbehinderung, Schulung für behinderte Arbeitgeber*innen mit Assistenz, Unterstützung bei Selbstbestimmung und Unabhängigkeit, Fortentwicklung der entsprechenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.
s.a. Kongress in München, 1982
Volkshochschulkurse „Bewältigung der Umwelt“, für Teilnehmer*innen mit und ohne Behinderung, Motto „Behinderte und Nichtbehinderte werden gemeinsam aktiv“, erstmals durchgeführt 1974 an der Vhs Frankfurt durch Gusti Steiner (Sozialarbeiter, Rollstuhlfahrer) und Ernst Klee (Journalist/Autor/Filmemacher, nicht behindert), später in weiteren Städten, Bewusstmachung der politischen Ursachen der Lebenssituation von Menschen mit Behinderung, Entwicklung von gegenseitigem Verständnis zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, Aktivierung zu spektakulären gemeinsamen Aktionen gegen Ausgrenzung bzw. für eine barrierefreie Umwelt (z.B. Eigenbau einer Rampe an einem Postamt in Frankfurt, Straßenbahnblockade, Verleihung der „Goldenen Krücke“ für Behindertenfeindlichkeit).
s.a. Straßenbahnblockade
World Institute on Disability (WID), Berkeley, USA, internationale Non-Profit-Organisation für Behindertenpolitik, Forschung und Beratung, gegründet 1983, hervorgegangen aus der amerikanischen Selbstbestimmt-Leben-Bewegung (Independent Living Movement), Ziel: Integration, Beschäftigung, wirtschaftliche Sicherheit, Gesundheitsversorgung und Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen, durch Forschungs-, Bildungs-, Ausbildungsprogramme, Kampagnen und Öffentlichkeitsarbeit, technische Hilfen.
Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (ZSL), Bremen, Beratungsstelle, Information und Treffpunkt für Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen, gegründet 1986 als erstes von vielen weiteren bundesweiten ZSLs, ausschließlich Menschen mit Behinderung in Führungs- und Beratungsfunktionen, Beratungsziel ist die Befähigung von Menschen mit Behinderung durch die Wahl akzeptabler Möglichkeiten die Kontrolle über ihr Leben zu erlangen, ferner lokalspezifische und Veranstaltungsinformationen, Trägerverein Selbstbestimmt Leben e.V. (gegen Bevormundung, Benachteiligung, Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, hervorgegangen aus der autonomen Behindertenbewegung seit Ende der 1970er Jahre).
Zentrum für Selbstbestimmtes Leben (ZSL), Köln, Beratungsstelle nach dem Peer-Counseling-Ansatz von Behinderten für Behinderte, Beratung/Schulung/Selbsthilfe/Therapie/u.a., gegründet 1987, hervorgegangen aus der Kölner Krüppelgruppe, ganzheitlich/parteilich/emanzipatorisch/unabhängig, auch für Angehörige, Freunde, Interessierte, Beratungsziel: Selbstbestimmung/Teilhabe/Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, seit 1993 unter dem Trägerverein „Selbstbestimmt Leben“ Behinderter Köln e.V.
s.a. Thesen zur Selbstbestimmung
Zentrum für Selbstbestimmtes Leben, Ost-Berlin s. Berliner Zentrum für Selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen e.V.
Zentrum für Selbstbestimmtes Leben, USA s. Center for Independent Living (CIL)